Northern France: in the midst of the health crisis, migrants’ rights defenders are still harassed

In the context of the Covid-19 health crisis, human rights defenders play a crucial role in ensuring that the fight against the pandemic is respectful of the rights of all. However, at the Franco-British border, those assisting migrants continue to face harassment and intimidation by the French authorities. We call for an immediate end to abusive practices against them.

Undignified living conditions and lack of protection for exiled persons

Since the beginning of the health crisis in France, evictions from informal settlements have continued in the north of France, leaving the exiled in total destitution. Between March and April 2020, the Human Rights Observers team counted 180 evictions from camps in Calais and 12 in Grande-Synthe. According to local associations, these evictions were accompanied by the seizure of tents and personal belongings (sleeping bags, blankets, backpacks, telephones), but also by violence and excessive use of force by the police.

Following requests from Amnesty International France and the many associations working on the ground, shelter operations and some humanitarian assistance measures were belatedly put in place. However, many people in exile continue to live in undignified conditions, without any measures to protect them from the virus. More than 1,000 exiled people are still living in informal settlements in Calais and about 600 in Grande-Synthe.

Fines, identity checks, police arrests: intimidation of caregivers continues

In this context, the people who come to the aid of the exiles present in Calais and Grande-Synthe have an essential role to play: they provide essential humanitarian assistance, report the violence and abuses observed, particularly during the evictions, and call on the public authorities to take measures to protect people who are already marginalized. Yet, instead of being supported, volunteers on the ground continue to be harassed and intimidated by law enforcement officials.

In Calais and Grande-Synthe, for example, Human Rights Observers recorded 37 citations issued mainly for non-compliance with containment measures between 17 March and 11 May 2020. The volunteers who were fined were either on their way or present at the exiles’ side, people who would apparently not be “vulnerable enough” in the eyes of the authorities to be subject to an exemption, even though this was specified in the certificate of movement.

In Grande-Synthe, four members of the association Utopia 56 were arrested and placed in police custody on 24 April while they were documenting the violent evacuation of a camp of exiled people by the forces of law and order. The four volunteers spent the whole day in police custody on charges of “undermining the authority of justice by discrediting a court decision” and “complicity in endangering the lives of others by inciting the exiles to go to the highway”. The four volunteers finally went out in the evening without any charges having been brought against them to date.

Moreover, while they are only observing often tense or violent situations in order to report potential criminal acts by the police, the volunteers have reportedly been filmed several times by the police and ordered to leave the operation perimeter. According to local associations, they are also regularly subjected to identity and vehicle checks.

No action taken to stop these abusive practices

The French authorities must not use the pretext of the restrictions imposed as a consequence of the pandemic to restrict the right to defend migrants’ rights and hinder the work of carers in the north of France. On the contrary, they must recognise that the defence of fundamental rights is all the more essential in the context of the state of health emergency, which allows for the adoption of measures restricting freedoms, and ensure that all carers can act without fear of intimidation.

While we have been alerting to this situation for almost a year, no such measures have yet been taken. The French authorities must also condemn any attempt to delegitimise the work of carers and thoroughly and impartially investigate all reported abuses in Calais and Grande-Synthe.


Nord-Frankreich inmitten der Gesundheitskrise werden Verteidiger_innen der Rechte Von Migrant_innen weiterhin schikaniert

Im Zusammenhang mit der durch Covid-19 ausgelösten Gesundheitskrise spielen Menschenrechtsverteidiger_innen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht sicherzustellen, dass im Kampf gegen die Pandemie die Rechte aller geachtet werden. An der französisch-britischen Grenze sind jene Menschen, die den dort lebenden Migrant_innen helfen, jedoch weiterhin Schikanen und Einschüchterungen durch die französischen Behörden ausgesetzt. Wir fordern ein sofortiges Ende der missbräuchlichen Praktiken gegen sie.

Unwürdige Lebensbedingungen und fehlender Schutz für Geflüchtete

Seit Beginn der Gesundheitskrise in Frankreich gehen die Vertreibungen aus den informellen Siedlungen in Nordfrankreich weiter und lassen die dort lebenden Menschen in völliger Armut zurück. Zwischen März und April 2020 zählte das Team von Human Rights Observers 180 Vertreibungen aus Lagern in Calais und 12 in Grande-Synthe. Nach Angaben lokaler Verbände gingen diese Vertreibungen mit der Beschlagnahme von Zelten und persönlichen Gegenständen (Schlafsäcke, Decken, Rucksäcke, Telefone), aber auch mit einer exzessiven Anwendung von Gewalt durch die Polizei einher.

Auf die Forderungen von Amnesty International Frankreich und der zahlreichen vor Ort tätigen Verbände hin wurden die Maßnahmen zur Bereitstellung von Unterkünften und einige humanitäre Hilfsmaßnahmen verspätet in die Wege geleitet. Viele Geflüchtete leben jedoch weiterhin unter menschenunwürdigen Bedingungen, ohne jegliche Schutzmaßnahmen gegen das Virus. Mehr als 1.000 Migrant_innen leben noch immer in informellen Siedlungen in Calais und etwa 600 in Grande-Synthe.

Geldstrafen, Ausweiskontrollen, Verhaftungen: Einschüchterung von Helfer_innen geht weiter

In diesem Zusammenhang kommt den Menschen, die den in Calais und Grande-Synthe anwesenden Geflüchteten zu Hilfe kommen, eine wesentliche Rolle zu: Sie leisten unverzichtbare humanitäre Hilfe, berichten über die Gewalt und die Missbräuche, die insbesondere während der Vertreibungen beobachtet wurden, und fordern die staatlichen Behörden auf, Maßnahmen zum Schutz der bereits marginalisierten Menschen zu ergreifen. Doch statt Unterstützung zu erhalten, werden die Freiwilligen vor Ort weiterhin von Polizeibeamt_innen schikaniert und eingeschüchtert.

In Calais und Grande-Synthe zum Beispiel verzeichneten die Human Rights Observers zwischen dem 17. März und dem 11. Mai 2020 allein 37 gebührenpflichtige Verwarnungen, welche in erster Linie aufgrund der Nichteinhaltung von Quarantänemaßnahmen ausgesprochen worden waren. Die Freiwilligen, gegen die eine Geldstrafe verhängt wurde, waren entweder allein oder an der Seite der Geflüchteten unterwegs – Menschen, die in den Augen der Behörden nicht “schutzbedürftig genug” waren, um einer Ausnahmeregelung zu unterliegen, obwohl dies im Passierschein vorgesehen war.

In Grande-Synthe wurden am 24. April vier Mitglieder der Vereinigung Utopia 56 verhaftet und in Polizeigewahrsam genommen, als sie die gewaltsame Evakuierung eines Lagers von Geflüchteten durch die Ordnungskräfte dokumentierten. Die vier Freiwilligen verbrachten den ganzen Tag in Polizeigewahrsam unter dem Vorwurf der “Untergrabung der Autorität der Justiz durch Missachtung eines Gerichtsbeschlusses” und der “Komplizenschaft bei der Gefährdung des Lebens anderer durch Anstiftung der Migrant_innen die Autobahn zu betreten”. Die vier Freiwilligen wurden schließlich am Abend auf freien Fuß gesetzt, ohne dass bisher eine Anklage gegen sie erhoben wurde.

Obwohl sie oft lediglich angespannte oder gewalttätige Situationen beobachten, um mögliche rechtswidrige Handlungen der Polizei zu melden, wurden die Freiwilligen Berichten zufolge mehrmals von der Polizei gefilmt und angewiesen, das Einsatzgebiet zu verlassen. Nach Angaben lokaler Verbände werden sie zudem regelmäßig Ausweis- und Fahrzeugkontrollen unterzogen.

Keine Maßnahmen zur Beendigung dieser missbräuchlichen Praktiken ergriffen

Die französischen Behörden dürfen nicht unter dem Vorwand der im Rahmen der Pandemie auferlegten Beschränkungen die Rechte von Menschenrechtsverteidiger_innen einschränken und die Arbeit der Helfer_innen im Norden Frankreichs behindern. Im Gegenteil, sie müssen anerkennen, dass die Verteidigung der Grundrechte gerade in Zeiten des Gesundheitsnotstands, der die Verabschiedung freiheitsbeschränkender Maßnahmen ermöglicht, umso wichtiger ist. Zudem müssen sie sicherstellen, dass alle Helfer_innen ohne Angst vor Einschüchterung handeln können.

Obwohl wir seit fast einem Jahr auf diese Situation aufmerksam gemacht haben, wurden bisher noch keine derartigen Maßnahmen ergriffen. Die französischen Behörden müssen auch jeden Versuch verurteilen, die Arbeit der Helfer_innen zu delegitimieren, und alle gemeldeten Missbräuche in Calais

und Grande-Synthe gründlich und unparteiisch untersuchen.

Geschrieben von eu-laender